vom Schi- zum Überflieger: Slavko Avsenik

Im vergangenen Sommer trauerte seine Weltgemeinde um Slavko Avsenik. Stellt sich die Frage, ob er uns das überhaupt erlaubt hätte, denn hat er uns Zeit seines Lebens mit seiner Musik, den Original Oberkrainer Sound, auf ein Lächeln nicht vergessen lassen.

Hineingeboren in eine bereits seit dem 19. Jhdt. erfolgreiche Gastronomenfamilie, in der neben der Slowenischen Gastfreundschaft wohl auch das Musizieren und die damit verbundene gute Laune ganz oben auf der Liste der täglichen Prioritäten stand, erfand der in jungen Jahren als Schispringer erfolgreiche Slavko gemeinsam mit seinem Bruder Vilko Ovsenik das, was wir heute als die Neue Volksmusik bezeichnen. Während in den 50er Jahren Peter Kraus & Konsorten andernorts dem soeben erfunden Rock’n’Roll fröhnten und zu den Rhythmen und Melodien von Elvis & Co. wippten, lachten bei Slavko und seinen Spielgefährten das Akkorden und die Klarinetten, brummte freundlich die Tuba dazu, alle begleitet von der Gitarre. Mit Melodien wie dem „Trompetecho“, „Auf der Almhütte“ oder „Auf dem Leiterwagen“ errangen sie weit über das „Gasthaus Avsenik“ Bekannt- und Berühmtheit. So wurde aus dem Gorenjski Kvintet schnell das „Slavko Avsenik & seine Original Oberkrainer Quintett“ wir es heute noch kennen.

Und wenn auch die neuen Klänge vom Großen Teich „Good Old Europe“ eroberten, so waren die Musiker um das Brüderpaar nicht faul, ihre Musik in die Welt hinaus zu tragen. Tourneen durch ganz Europa und schließlich um den ganzen Globus folgten und „Die Original Oberkrainer“ wurden bald schon Marke und Symbol für ein Europa (und auch die zahlreichen Auswanderer in dieser Zeit, die hier ein Stück Heimat mit in die Neue Welt mitnehmen konnten), das nach einem halben Jahrhundert der Entbehrungen und schrecklichen Kriege eine neue Fröhlichkeit entdeckte.

Und, erinnern wir uns mittlerweile: Auch das damals noch neue Medium Fernsehen entdeckte, erst zaghaft, dann aber, uns, dem Publikum Rechnung tragend, die Kraft der Oberkrainer. Ende der 70er Jahre betrat dann ein anderer Pionier der neuen Volksmusi die Bretter der freudvollen Unterhaltung, der unvergessene Karl Moik: Für ihn war es mehr als Ehrensache, das „Trompetenecho“ zur ersten Signation seines frisch aus der Taufe gehobenen „Musikantenstadl“ zu kühren. Es war Programm für eine neue Generation der großen Fernsehshows gegen eine gewaltige Konkurrenz, die wir mit Fug und Recht als Gassenfeger in Erinnerung haben: Denken wir etwa an Hans-Joachim Kulenkampff und sein EWG (Einer wird gewinnen) oder die unvergessene Peter Alexander Show! Er und seine, oft durch ihn entdeckten Volksmusikantinnen und –musikanten trugen den Gedanken Slavkos in eine nächste Generation und erfanden gleichsam den so genannten volkstümlichen Schlager. Heute begrüßen wir bereits die dritte Generation von Slavkos Erben, und die derzeitige Heroin Helene Fischer und unser Volks-Rock’n’Roller Andreas Gabalier haben mit ihrem G’spür dem Erfinder der guten Laune im Grunde eine späte Referenz erwiesen.

Begeben wir uns aber zurück zum Gasthaus Avsenik. Wenn vielerorts bestätigt wird, dass Slavko mit seinem Oberkrainer Sound ein Bekenntnis zu einer neuen Volksmusik abgelegt hat, dann dürfen wir auch frech behaupten, dass wir uns dann in einen Vatikan des Glaubensstifters begeben: Heute ist er wie eh und je nicht nur ein Hort für gepflegte Gastronomie, bewegende Feste, ein Konzertsaal an den Ursprüngen und wo alles begann. Hier gibt es ein Museum zu besichtigen, mit einem Einblick in das umfangreiche Musikschaffen, mit den unzähligen goldenen, einer erklecklichen Anzahl von Platin- und einigen diamantenen Schallplatten, hier residiert der Avsenik’sche Musikverlag, hier wird die Oberkrainermusik unterrichtet. Und von hier nahmen und nehmen die Nachfolger Slavkos unter dem Namen Original Oberkrainer auch ihre Reisen zum Welterfolg in die nächsten Generationen in Angriff. Als sich Slavko 1992 aus dem regelmäßigen Tourneegeschehen zurückzog, bestimmte er selbst seine Nachfolger. Nur sie durften fortan den Titel „Die Jungen Original Oberkrainer“ tragen. Aber es war keine Frage, dass sich aus dem Umfeld um das Haus in Begunje schon bald junge Oberkrainer herausbildeten und schließlich mit Saso Avsenik, seinem Enkel, ein nicht nur künstlerischer Spross der sich zur Musiker-Dynastie entwickelnden Familie. Saso präsentierte sein erstes Album pünktlich, um seinen Großvater ein besonderes Geburtstagsgeschenk zu seinem 80. Geburtstag zu bereiten. Seither folgten neben den regelmäßigen Auftritten in Form von Heimspielen auch Oberkrainer-Präsenz auf internationalen Festen und in renommierten TV-Shows. Der Musikantenstandl war selbstverständlich auch dabei, keine Frage!

Stadlpost: Was bringt eigentlich einen jungen Musiker noch dazu, im Oberkrainer Sound seine Erfüllung zu finden? Noch dazu, wo doch der Vater künstlerisch einen ganz anderen Weg gewählt hatte (Slavko Avsenik jr. war in den 80er und 90er Jahren Arrangeur der Gruppe „Laibach“, einer Slowenischen Avant Garde Band, Anm.d.Red.)?

Sasa Avsenik: Ich habe beide Welten kennen gelernt und bin immer mit einer gewaltigen Bandbreite an Musikschaffen aufgewachsen. Und gerade deshalb lag es schlussendlich nahe, sich als Berufsmusiker für den Oberkrainer Sound zu entscheiden und einen Weg über diese Form der Volksmusik zu finden.

Stadlpost: Ist es Traditionsbewusstsein, das dich zu diesem Schritt bewegt hat?

Sasa Avsenik: Schon auch. Aber es ist mir, wie so vielen anderen Gruppen, auch ein Bedürfnis und vor allem eine Freude, wenn ich die Musik meines Großvaters spiele, diese auch nachhaltig ins 21. Jhdt. weiterzutragen. Denn wenn ich auf den Bühnen stehe und sehe, wie vielen Menschen wir damit eine Freude machen, die er initiiert hat, dann kann ich gar nicht anders. I’m an Oberkrainer!

Erschienen in der Stadlpost vom 9. September 2015