Das Appartement

Gern gesehene Gäste (und ich nehme mich da nicht aus) bezeichnen meine Wohnung aufgrund der Großzügigkeit ihres Umrisses gerne als „Briefmarke“. Mit ihrer Fläche von 45 qm wird sie einer solchen auch durchaus gerecht, jedoch bevorzuge ich bisweilen den Terminus Technicus „Mikro-Loft“, nicht zuletzt deshalb, weil sich, abgesehen vom Sanitär-, einem Abstell- und einigem Stauraum im Vorzimmer, wo ich meine Garderobe verstaue, das Leben bei mir zu Hause auf ein Zimmer beschränkt, das Schlaf-, Chill-, Ess- und Arbeitsbereich umfasst, sowie die Küchenzeile beherbergt.
 Aber gerade deshalb, immerhin wohne ich da nun schon einige Jahre, betrete ich die Wohnung immer noch mit einem gewissen Herzklopfen. Das rührt weniger daher, dass mir, wenn ich den Lift in die letzte Etage nehme, bang wird, den Inhalt des Aschenbechers doch noch glühend und daher nur scheinbar entsorgt zu haben, ich freue mich einfach jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, in meinem Zuhaue einzulangen. „Das Appartement“ weiterlesen

Susi und Wolfi

Sie hatten es kaum erwarten können. Die Frühlingssonne versank langsam hinter den Mauern der an den Garten angrenzenden Gründerzeithäuser, ihnen war es vergönnt, in dieser Großstadtoase zu wohnen, wo sie einander auch gefunden hatten … und sich in ihrer frühen Jugend ineinander verliebten. Das Grün mit seinen kreisförmig aufgestellten Bänken bot Platz zu ausgiebigem Plaudern am Nachmittag und wohl auch, um den neuesten Klatsch aus der Wohnhausanlage auszutauschen. Für die junge Generation stellte er ein Paradies dar, wo gespielt, getollt, heftig gestritten wurde, wieder Versöhnung einkehrte und schon einmal zwei ein Auge aufeinander werfen konnten. Susi und Wolfi zogen sich zumeist hinter einen der großzügig angelegten Sträucher zurück und genossen ihre Zweisamkeit, abgeschottet von den Rabauken, die ihr Fußballspiel mit lautstarken Zurufen und Kommentaren begleiteten. „Susi und Wolfi“ weiterlesen

Miniaturen: Komposita IV

Stichstoff

Es war ein vielversprechender Frühling, damals nach dem Großen Regen. Noah steuerte schließlich seine Arche in seichtere Gewässer, die zahlreichen Tiere, die er damals eingesammelt hatte, warteten ungeduldig auf die Landung in einer neuen, verheißungsvollen Welt. Kaum, dass das große Schiff angelegt hatte, beeilten sie sich, den engen Kasten, denn so empfanden sie ihn nach der langen, entbehrungsreichen Zeit, stets unter Deck, denn sonst hätten sie Stürme, mannshohe Wellen und wahrhaft sintflutartiger Regen längst von Bord gespült und sie hätten wohl ein erbarmungswürdiges Ende genommen … Sie verließen also in höchster Eile und voller Erwartung das Schiff und machten sich auf die Suche nach ihrer neuen Heimat, einem Platz, wo sie ihr neues Leben beginnen wollten. „Miniaturen: Komposita IV“ weiterlesen

Miniaturen: Komposita III

Konferenzschleim

Auch vor der Molekularküche macht der Veganismus nicht halt. Dieser Tage trafen sich die Starköche aus aller Welt und berieten im Konferenzzentrum der Wiener Hofburg die revolutionären Zubereitungsmöglichkeiten glücklich gezupfter Nutzpflanzen. Allen voran war es Sebastian Eipeldauer, der es sich nicht nehmen ließ, seine an der Konferenz teilnehmenden Kollegen eine Kostprobe seiner Künste zu präsentieren. Die Teilnehmer waren sich einig: Hier stand die personifizierte Inkarnation des schlechten Geschmacks am Scheideweg und würde wohl den bahnbrechenden Schritt wagen, den Keim dieser innovativen Kochkunst endgültig zu verlassen und die Welt mit allergenfreien freien Schleim überziehen.

Miniaturen: Komposita II

Hutkarzinom

„Heast Oida,“ hörte man bisweilen in anrüchigen Lokalen längs des ehemaligen Linienwalls, „wos host denn du fia a schiaches Wimmerl am Hois! Kumm her, Nudelaug’, i druck’ dir’s aus.“
Ganz anders erklang gleichbedeutendes stadeinwärts, am ehemaligen Ringstraßenkorso, dort wo man sich sonntags zum Flanieren einfand, seinesgleichen traf, dem Kaiser und anderen hochwohlgeborenen Kalamitäten frönte und auch sonst kein gutes Haar an der haute volée ließ. Vor allem der jüngst aus Galizien zugezogene Maurice Lafontaine, der einst Moritz Wasserstrahl, respektive Moische Pischer hieß und ob seines seltsamen Aussehens allseits die Aufmerksamkeit erregte, wurde vom berühmten Wiener Mediziner Theodor Billroth mit dem terminus technicus „Hutkarzinom“ bedacht und lud ihn alsbald in seine Döblinger Praxis ein, um ihm dieses auf chirurgischem Wege zu entfernen.

Miniaturen: Komposita I

Sonnenprobe

oder: Die Schöpfung. Wir erinnern uns: In sieben Tagen erschuf Gott die Welt und die Gestirne um uns, Aber da war er schon erwachsen! Doch schon im zarten Alter von nur vier Jahren begann er für die Ausübung seines Handwerks zu proben, zu üben. Und bei der Gelegenheit gelangen ihm der Stechapfel, aus dem im Rahmen der Evolution später der Igel, bzw. seine Großmutter, Granny Smith hervorgehen sollten. oder denken wir an seinen ersten Missgriff, den Granatapfel, ein Teufelswerk, wie uns die spätere Geschichte lehren sollte.
So werkte er unverdrossen auf seinem göttlichen Spielplatz dahin, bis er bemerkte, dass er seine frühen Werke doch gar nicht sehen konnte! „Licht, Licht,“ rief er deshalb lauthals, und so geschah es: Die erste Sonne war geboren. Doch dass auch dieser Versuch eine Menge an Verbesserungen bedurfte, stellte sich erst viel spter heraus … denn es wurde nicht Licht, sondern bloß Heller.

Im Supermarkt

Auf der Suche nach den Kokosraspeln für die Weihnachtskekse war ich Bei BILLA nicht erfolgreich, dafür aber im Ansprechen der entzückenden und zarten Verkäuferin, blond, die Haare kokett hochgesteckt, mit entzückendem slawischem Akzent, die  meine Frage, wo ich hier welche fände, zwar verneinte, aber mich bereitwillig zu dem Regal führte, wohl um mir zu zeigen, was man sonst an einschlägigem Sortiment erstehen könne. „Kokosette,“ erspähte sie, aber das war nicht das Richtige. Doch dabei konnte ich zum ersten Mal die Gelegenheit wahrnehmen, mit ihr ins Gespräch zu kommen, denn normalerweise beschränkte sich unsere Konversation auf ein stilles, einander zwar anerkennendes Lächeln oder ein „Schönen Tag noch“ an der Kassa, beim Bezahlen. „Im Supermarkt“ weiterlesen

Klaus und Barbara

Das Jahr neigt sich dem Ende zu,
trägt altes Grau auf seinem Haupt.
Allein wirst du im Winter wandern,
ach, wär’ Geselligkeit erlaubt.
Sie pflückt am Weg vom Apfelbaum
den dürren Zweig,
doch Hoffnung hat sie kaum.
Träumt vom Gefährten,
der ihr begegnen möge,
den Weg dann mit ihr teilt.

Es sollte beider Festtag werden,
im Winter, wo sich Blicke trafen,
spät im Jahr, im Nebelgrau.
Der Zweig vom Apfelbaum,
wurde bald ihr Liebespfand,
erblühte in der Wintersonne,
erfüllte seinen, ihren Traum:
zu zweit, gemeinsam, Hand in Hand.

10er Marie

Am Schwedenplatz stieg sie in den Anhängerwaggon der Linie 2 zu. Mich faszinierte die aparte Frau, so um die vierzig, blondes Haar, gepflegte Frisur und vor allem ihr frecher Blick, ihr anziehendes Lächeln, Herausforderung, Aufforderung zum Tanz sozusagen. So nahm ein überraschender Sommernachmittag seinen Anfang. Ich erwiderte ihr Lächeln, ein erstes verbales Abtasten ließ mich sicher werden, sich auf dem richtigen Weg zu befinden und den wollten wir draußen in Ottakring, im Liebhartstal, fortsetzen. Zu viel an Gemeinsamkeiten entdeckten wir soeben, zu viel, als dass es ungesagt bleiben könnte. „10er Marie“ weiterlesen

Nachtrag zu Morgenseiten vom 29.11.

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Der Verfasser kann aufatmen, und der Montblanc Shop am Graben schaut sozusagen in die Röhre: Hat mich vor einigen Tagen der Verlust meiner vor mehr als 15 Jahren erstandenen Lebensgefährtin samt Teleskopstift (sehr nützliches und vor allem obergescheit anmutendes Werkzeug) und Etui geplagt, stellte sich dieser heute als nur gut versteckt dar. Wir haben einander wieder, und daher steht literarischen Gipfelstürmen nichts mehr im Wege!

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