Das Appartement

Gern gesehene Gäste (und ich nehme mich da nicht aus) bezeichnen meine Wohnung aufgrund der Großzügigkeit ihres Umrisses gerne als „Briefmarke“. Mit ihrer Fläche von 45 qm wird sie einer solchen auch durchaus gerecht, jedoch bevorzuge ich bisweilen den Terminus Technicus „Mikro-Loft“, nicht zuletzt deshalb, weil sich, abgesehen vom Sanitär-, einem Abstell- und einigem Stauraum im Vorzimmer, wo ich meine Garderobe verstaue, das Leben bei mir zu Hause auf ein Zimmer beschränkt, das Schlaf-, Chill-, Ess- und Arbeitsbereich umfasst, sowie die Küchenzeile beherbergt.
 Aber gerade deshalb, immerhin wohne ich da nun schon einige Jahre, betrete ich die Wohnung immer noch mit einem gewissen Herzklopfen. Das rührt weniger daher, dass mir, wenn ich den Lift in die letzte Etage nehme, bang wird, den Inhalt des Aschenbechers doch noch glühend und daher nur scheinbar entsorgt zu haben, ich freue mich einfach jedes Mal, wenn ich nach Hause komme, in meinem Zuhaue einzulangen. Das liegt möglicherweise daran, dass ich nach vielen Jahren des Vazierens endlich mein „Hauptquartier“ gefunden habe. Dieses beherbergt und achtet auch auf die vielen Details meiner Einrichtung, die man hier findet, die mein privates Leben ausmachen und dieses somit bereichern.
 Der großen Wand zwischen den beiden schrägen Fenstern habe ich eine umfangreiche Vinyl- und CD-Sammlung geopfert, eine sinnentleerte Trophäensammlung, deren Inhalte mir zu vermitteln ich an das WWW delegiert habe. So wurde Platz geschaffen für eine stetig wachsende Sammlung junger Bildender Kunst, die ich in der Regel von den Kreativen persönlich erwerbe und somit, wenn deren Werke in meinem Zimmer hängen, die Betrachtung mitunter auch eine virtuelle Fortsetzung der Gespräche von damals erfahren, als ich sie erstanden hatte.
 Dementsprechend nimmt die Küchenzeile, nicht weit vom Essbereich entfernt, eine zentrale und wohl auch durchaus kommunikative Rolle wahr: koche ich für mich alleine, wird sie schon durch ein sinnliches mise en place zu einem Ort der Kontemplation, bevor es zur Sache geht. Bewirte ich meine Gäste, bereichert sich das Prozedere um meist spannende Unterhaltungen, die nur selten ein frühes Ende nehmen.
 Manchmal, meist natürlich im Sommer, wenn es hoch oben im Haus und knapp unter dem Dach ziemlich heiß wird und der an sich gute Durchzug zwischen den beiden großflächigen Fenstern nicht ausreicht, um den Aufenthalt hier auch menschenwürdig zu gestalten und der Fluchtgedanke runter zum nahegelegenen Donaukanal auch im Schweiß erstickt, denke ich daran, mit Zauberhand eine Terrasse zu errichten, die mich dann einlädt, den Rest des Tages unter der Markise bei einem Glas Wein und in bester Gesellschaft und Blick auf die Urania und ein Stück vom imperialen Wien zu vollenden.

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