Viermäderlhaus

Als wir kürzlich im Haus der Familie Radler eintrafen, konnten wir das sich weithin sichtbare Glück der Eltern über und mit ihren Kindern gleich im Vorzimmer nicht übersehen. Denn Hier dokumentiert man die Lebensphasen anhand der Dimension der Füße und Hände des Nachwuchses mittels Gipsabdrücken, ja man ging sogar einen Schritt weiter und hielt sie bereits fest, als sich der Mutter noch gar nicht entschlüpft waren. So kann man die Freude, bald das Licht der Welt zu erblicken um sie sich zu erobern, förmlich mitverfolgen.

Doch wie es bei einer Mehrlingsgeburt bisweilen vorkommt, verließen die Vierlinge Noemi, Nischa, Nela und Naina schon zu früh den Bauch der Mutter, und in diesem Zusammenhang kam es demnach auch zu einigen Komplikationen, deren Folgen zwei der Frühchen noch heute tragen müssen: Cerebrale Tetraparese hieß die Diagnose. Das bedeutet motorische Einschränkungen ebenso wie geistige, welche die Familie aber tüchtig meistert. Zwei der Mädchen, welche die Geburt unbeschadet überstanden haben, besuchen die örtliche Regelschule, den beiden anderen steht die nahe Pestalozzischule zur Verfügung, wo an sich individuell auf ihre Bedürfnisse einstellt.
Den Optimismus, der Sonja, die Mutter der vier seit dem glücklichen Ereignis trägt, war und ist stets ungebrochen. Denn während sich andere möglicherweise schwere Gedanken machen, den doch beschwerlicheren Alltag zu meistern, war dafür bei ihr kein Platz: „Wir sind mit der besonderen Situation einfach mitgewachsen,“ sagt sie, es fallen ihr bei der Gelegenheit zwar manche bürokratische Hürden ein, mit denen sie konfrontiert ist, aber man bemüht sich, die Kinder auf ein weitgehend normales Leben vorzubereiten, das sich ja immer noch nicht als restlos barrierefrei darstellt. „Auch unser Haus ist nicht barrierefrei erreichtet, aber wir streben das auch gar nicht an,“ meint sie, „Die Kinder überwinden auch durch eigene Kraft die Hindernisse, die sich ihnen tagsüber in den Weg stellen. Denn dazu gehört auch etwa eine Falte im Teppich, die für die beiden schnell zu einer Falle werden kann, weil man leicht darüber stolpert.“
Was Sonja Radler allerdings mehr zu denken gibt, ist die Empathie ihrer Umwelt, an der es anscheinend mangelt. „Was ich vermisse, ist Toleranz oder Offenheit, wie man mit einer Ausnahmesituation umgeht. Immerhin kann ein Unfall mit bleibenden Folgen, eine Krankheit jeden treffen, und da möchte man sich doch im Ort, in der Gemeinde nicht ausgegrenzt fühlen.“
Als freiraum-europa von der Familie Radler erfahren hatte, zögerte man nicht lange und trug mit einem maßgeblichen Geldbetrag dazu bei, dass der ersehnte Treppenlift nicht mehr allzu lange auf sich warten lässt.