David

Im Grunde bin ich der Meinung und heute habe ich es auch wieder bestätigt bekommen, der Typ kann alles. So stand das ausklingende alte Jahr im Zeichen eines letzten Höhenfluges in Form des Indoor Sky Divings im Prater. Von unten bläst starke Luft, der Pilot lässt sich quasi in den Windkanal fallen und erhebt sich dann in schwindelnde Höhen, tänzelt spielerisch mit der Strömung und fühlt sich möglicherweise für einige Zeit schwerelos. David hat sich zum ersten Mal für eine Minute in dieses neue Vorgaben hineinbegeben, die Lage sondiert und startete nach einer kurzen Pause in die zweite Runde, seine Erfahrungen flott umgesetzt, und man merkte ihm kaum noch an, dass er das Feld eigentlich als blutiger Anfänger betreten hatte.

Das zu beobachten, ist nur ein weiterer Zwischenschlusspunkt in meinen mittlerweile doch schon Jahrzehnte dauernden Beobachtungen und vor allem Freuden, die ich mit ihm erlebe. Gerne erinnere ich mich an den Anlass, als meine Familie zusammensteuerte, um mir ein Saxophon zu schenken. David, damals kaum größer als das Instrument, belehrte mich eines Besseren, nachdem ich lange Zeit vergeblich versucht hatte, diesem einen Ton zu entlocken, indem er es an sich nahm und dem Instrument wie selbstverständlich seine erste, durchaus improvisierte Komposition zu entlocken.
Im Grunde hat sich seither nichts verändert, und ich bedaure es zutiefst, dass uns so wenig Zeit geblieben ist, vor allem mir, der sie sich nicht genommen hat, mich von seinen umfangreichen Talenten nicht nur zu überzeugen, sondern sie mit ihm auch zu genießen. Natürlich erinnere ich mich daran, das er spielerisch bereits im Kindergarten und seiner frühen Jugend im Augarten, bei den Sängerknaben, entwickeln konnte, sein Singen seine Schauspielerei, seine sportlichen Errungenschaften, stets um Außergewöhnliches bemüht mit der American Football Mannschaft der Vienna Vikings etwa, wo ich ihn gerne auf den Spielen in der Jugendklasse besuchte und er schon bald den Aufstieg in die Kampfmannschaft seiner Altersgruppe schaffte. Aber gerne denke ich auch an einen Vormittag im Prater zurück, als er sich zur Abwechslung in Baseball versuchte und für einen Nicht-Amerikaner eine durchaus gute Figur machte. Später gab er seinen Widerstand sogar auf, mit mir nicht Tischtennis zu spielen, was ich ihm aber austreiben konnte, denn mittlerweile kann er das wohl auch schon besser als ich. Darauf würde ich mich auch freuen, wenn dieser Erfolgsweg auch in Sachen Badminton fortgesetzt werden könnte, die Hoffnung stirbt bekanntlich ja zuletzt. Dazwischen folgte in jüngerer Vergangenheit auch sein engagiertes Taucherlebnis jüngst am Klopeinersee, ausständig ist noch das Downhill Biking, welches wir in nächster Zukunft, sobald wieder die Frühlingssonne scheint, in Angriff nehmen werden.

Auf unseren Auslandsreisen in den angloamerikanischen Raum, namentlich nach London und New York, überraschte er mich, der scheinbar Schweigsame, durch seine profunden Kenntnisse der englischen Sprache. Zwar bewies er es sich und seiner Umwelt nicht dadurch, dass er, wie es wohl seine Mutter getan hätte, durch exzessive Kommunikation mit den Eingeborenen, viel mehr zog er es vor, mich diskret auf meine Unzulänglichkeiten in Verständnis und Aussprache hinzuweisen. Ich erinnere mich an ein Abendessen im Big Apple, als er mir die Sätze des Kellners erklärte, die ich nicht und nicht verstehen wollte. Ich glaube. er wollte uns eine Schüssel Brot vorbeibringen, ich kapierte das nicht, David rettete das Miss-, bzw. mein Unverständnis durch ein lapidares „Yes, please“ und und mir ein weiteres Radebrechen.
Anspruchsvollen Spaß auf unseren Reisen, und ich hoffe, er denkt ebenso, hatten wir, glaube ich auch. Die Fotostories in New York, footballgewandet (schade, dass die Bilder einem Festplattencrash zum Opfer gefallen sind) in den farblich dazu passenden U-Bahnstationen der New Yorker Metro vergesse ich ebenso wenig, wie die abenteuerlichen Bergsteigerszenen in Kreta und das Verdursten des Wanderers während unseres Urlaubs am Weissensee, den wir bei der seligen Karola verbracht hatten.
Einmal erkannte ich seine soziale Kompetenz am Beispiel seiner Mutter gegenüber: Ich hatte mit ihm ein Abendessen im Leopold vereinbart. Plötzlich meinte er, man müsse sie anrufen und einladen, auch dazu zu stossen. Sie wäre im Grunde ja nur zu Hause, eine echte Stubenhockerin, und man müsse sich um sie kümmern, damit sie nicht vereinsame. Ob das den Tatsachen entsprach, kann ich nicht beurteilen, aber seine Umsicht, andere nicht nur zu beobachten, sondern sich, wenn David es so empfindet, auch um Menschen zu kümmern, beeindruckte mich damals schon sehr. Im Übrigen erinnere ich mich an einen schönen Abend, den wir zu dritt verbracht haben.
So auch anlässlich Dagmars 50. Geburtstag: Tage- und wochenlang diskutierten wir darüber, was und vor allem wo wir eine Party ausrichten könnten, um dem Ereignis gerecht zu werden, bis wir die ehemalige Diskothek Palme gefunden hatten, um ihr Fest zu veranstalten. Dort hatten sich seine Eltern zum ersten Mal geküsst, also wurde hier wohl der Grundstein nicht zuletzt auch für sein Dasein gelegt, oder? An diesem Abend hat er mich nach Strich und Faden unter den Tisch gesoffen, später dann auch in die Geheimnisse des Kiffens eingeweiht, und wahrscheinlich könnte er mir noch viel mehr erzählen, zu seinen Erlebnissen, die Gott verboten hat.

Denn David wird auch sein Kampf gegen Goliath nicht erspart bleiben. Gegen einen Riesen, der sich anmaßt, viel größer und stärker zu sein als sein scheinbar kleiner Widersacher. Aber jener hat sich geirrt: So wie sein Namenspatron ist Favid intelligent, kräftig in seinen Gedanken, listig, erfinderisch und entwickelt auch das Talent, seine Ziele auf nicht alltägliche Weise zu erreichen. Und er hat zwei Freunde, auf die er sich immer verlassen kann.

Ein Gedanke zu „David“

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