Alpenländischer Superherbst in Ellmau

Das Kaisergebirge in Tirol spricht dank seiner nicht nur landschaftlichen Vielfalt und des Ideenreichtums ihrer Bewohner viele Sinne an. Vor allem aber, und der steht in diesen Tagen im Zentrum des Interesses auch seiner zahlreichen Besucher, den Frohsinn: Die letzten Tage im September stehen ganz im Zeichen des so genannten Alpenländischen Musikherbstes, der Ellmau bereits im dritten Jahrzehnt seines Bestehens zur uneingeschränkten Volksmusik- und Schlagermetropole macht.

Diesem Anspruch werden auch die zahlreichen Stars, die im liebevoll dekorierten Festzelt gerecht, immerhin haben sich Publikumslieblinge wie die Zillertaler, Hansi Hinterseer, Semino Rossi, die Amigos, Francine Jordi und Andy Borg angesagt, die zum Saisonwechsel nach einem an Festivals reichen Sommers hier einen wohlklingenden Herbst ankündigen. Und sie haben, Schlagerfans, die sich beflissen über die Neuigkeiten in der Szene informieren, mit Garantie geballte Ladungen an musikalischen Feuerwerken mit im Reisegepäck, und wir dürfen uns auf diese Weise auf ein Wiederhören mit einem unvergessenen „Adios Amor“ ebenso freuen wie auf erste Kostproben zu Hansi Hinterseers neues Album „Berglandsinfonie“.

Aber der „Koasa“ (der Kaiser, für die in der Mundart noch nicht so Versierten) rockt nicht nur musikalisch, er begeistert auch Wanderer, Bergsteiger und Geniesser jedes Geschmacks. Daher prägte man unlängst auch den Begriff „Genussgipfel“ für die Stürmer der angenehmen Disziplin feinen Speisens in engagierten Restaurants. Denn immer im September erschufen vier engagierte Wirte die so genannte Kulinarik-Woche, in der sie Erlesenes aus der Region zubereiten und so einen wohlschmeckenden Einblick geben, was das Land um den Kaiser so alles hervorbringt. Im „Bärnstatt“ spezialisiert man sich etwas auf fangfrische Fischgerichte aus der Region, der „Waldhof“ gibt Einblick auf die Gerichte um hier selbstgezüchtete Auerochsen, der „Jägerhof“ (nomen est omen) präsentiert feinstes Wildbret und im „Leitenhof“ stehen feinste Kreationen vom Kalb auf dem Speiseplan. So gesehen fragt man sich, ob es nicht Sinn macht, die Disziplin des „Durch-die-Woche-Essens“ zu einer erfolgsversprechenden Disziplin für die kommenden Olympischen Spiele anzuregen. Dabeisein ist hier sicher schon ein wesentlicher Bestandteil des olympischen Gedankens, und den Wirten eine Medaille gewiss.
Zwischen den Malzeiten lädt Ellmau seine Genießer aber auch herzlich ein, die Abende der 10.000 Kalorien, die man auf so geschmackvolle Weise zu sich genommen hat, auch ebenso wieder loszuwerden. Genießen kann man im Rahmen der Wanderwoche vor allem die wahrhaft kaiserliche Landschaft in von erfahrenen Guides geführten Themenwanderungen, wo man den schier unendlichen Reichtum der Region auch auf unterhaltsame Weise kennenlernen kann. Bei der Gelegenheit schnuppert man auch, je nach Geschmack, das kulturelle Erbe oder bezwingt die Höhenluft auf den Rücken von Lamas, die auch die nötige Trittsicherheit garantieren.
Ein spezielles Thema für die ausgiebigen Bergwanderungen ist dem langjährigen Dauerbrenner „Der Bergdoktor“ gewidmet. Seit sich unsereins erinnern kann, ist Dr. Martin Gruber in seinem legendären grünen Mercedes unterwegs, um seinen Schützlingen mit seinem Rat und seinen medizinischen und freundschaftlichen Engagement zur Seite zu stehen. Gedreht wird die Serie in und um Ellmau, und was lag daher näher, als die Originalschauplätze auch den vielen tausend Fans zu Verfügung zu stellen. Und einmal im Jahr, im September trifft sich dann auch eine verschworene Gemeinde von bergakademischen Jüngerinnen und Jüngern, um sich in Anwesenheit der Serienstars zusammenzufinden. Heuer bereits seit langem ausverkauft, wer nächstes Jahr dabeisein will, sollte sich schon jetzt und rechtzeitig um eine Aufnahme in den erlesenen Zirkel bemühen.
Im September endet auch die „Sommerfrische“ der vierbeinigen Freunde auf den zahlreichen Almen der Umgebung. Denn wenn es in den Bergen beginnt zu herbsteln, wird das Almvieh prachtvoll von den Frauen mit Kreppblumen geschmückt und kehrt wieder ins Tal zurück. Eine Woche wird aus diesem Anlass auch ausgiebig gefeiert: Man besinnt sich auf seine Traditionen, und lädt seine Gäste auch zu ausgiebigem Mitmachen ein: Sensen dengeln, Brot backen und beim Volksmusik-Hoangascht frische Kiachl oder Almmus kosten. Den Höhepunkt der Festwoche bildet dann der Almabtrieb selbst, bei dem die Tiere „aufgeboscht“ werden und mit prächtigem Kopfschmuck von den Sennern wieder in die heimatlichen Ställe geführt werden. Und – logisch – erwartet sie im Tal ein großes Volksfest wo die zwei- und vierbeinigen Sommerfrischler willkommen geheißen werden.
Und jetzt: Musik! Die Superlative, wir habe es ja eingangs schon erwähnt, kennen im Kaisergebirge wie man sieht, keine Grenzen, man versteht dem oft mühsamen alpenlänischen Leben auch seine unterhaltsamen Seiten abzugewinnen, man versteht die Feste, so sich welche ergeben, auch ausgiebig zu feiern. Und lädt sich gerne Gäste ein, auch mit allen Sinnen mitzumachen, wir erinnern uns: vor allem mit dem Frohsinn. So erfreut sich der Alpenländische Musikherbst bereits seit über zwanzig Jahren ungebrochener Beliebtheit, so sehr, dass es ihn bereits an zwei darauffolgenden Wochen zu genießen gibt. Und auch der Blasmusik wird neuerdings die Ehre erwiesen: Unter internationaler Beteiligung laden Blaskapellen ein, vor der unvergleichlichen Bergkulisse, auf festlichen Umzügen durch Ellmau und jeder Menge guter Laune einen Sommer, an den man sich auch dieses Jahr gerne erinnern will, ebenso ausklingen zu lassen.

Erschienen in der Stadlpost vom 6. September 2016