Perlenfischen am grünen Inn – Kufstein, die Perle Tirols

Was für den einen die blaue Donau, ist für Kufstein und die ganze Welt der grüne Inn, dem Karl Ganzer 1947 ein musikalisches Denkmal gesetzt hat, das seither als inoffiziellen Hymne der Region gilt und wohl auch weit darüber hinaus. Wir haben uns umgesehen – zwischen Kaisergebirge und Inntal.

Musik und somit auch der volkstümliche Schlager mit seinen zahlreichen Stars Tirol haben hier das ganze Jahr über Hochsaison, ebenso wie der erlebenswerte Landstrich, der seine Gäste einlädt, sich nach Strich und Faden wohl zu fühlen. Im Dreieck zwischen München Salzburg und Innsbruck gelegen, thront das Wahrzeichen der Stadt, die Festung zu Kufstein und hat der Stadt zu ihren Füßen wohl über 800 Jahre ihr unverwechselbares Antlitz verliehen. Und so war und ist sie seit 1205 beständiges Objekt der Begierde, wenn auch mit unterschiedlicher Absicht, erinnert man sich an die unzähligen Besucher, die seit dem bayrischen Herzog Ludwig und den Bischöfen von Regensburg hier Zugang begehrten. Gut, zumeist kamen die Gäste damals in eher kriegerischer Absicht, aber das hat sich im Lauf der Geschichte zum Glück grundlegend geändert.
Heute bewundern sie in der Regel die Ausstrahlung ihrer beeindruckenden Architektur, genießen neugierig die historischen Sehenswürdigkeiten wie zum Beispiel den 60 m tiefen Brunnen, den sehenswerten Kräutergarten, oder warten zu Mittag auf den Klang der Heldenorgel. Diese, übrigens die größte Freiorgel der Welt, weist 4.948 Pfeifen auf, ihr Klang erschallt jeden Tag, 365 Mal im Jahr und stellt somit einen Fixpunkt im Leben jeder Kufsteinerin und jedes Kufsteiners dar und wohl auch für ihre Besucher, über die Stadtgrenzen, denn man hört sie weit darüber hinaus. Aber nicht nur sie, denn die Festung ist auch ein fester Bestandteil des Kufsteiner Kulturlebens: stilgerecht lädt jedes Jahr zu Pfingsten das Ritterfest ein, ihr einen Besuch abzustatten, der Operettensommer zählt ebenso zu einem Highlight wie die zahlreichen Konzertveranstaltungen, wo Freunden zwischen hehrer klassischer Musik und bester Schlagerlaune wohl kein Wunsch nach guter Unterhaltung unerfüllt bleibt. Die Festungsarena präsentiert sich im Sommer zumeist gerne oben ohne: das heißt, man kann die heißen Nächte unter dem unvergleichlichen Sternenhimmel Tirols genießen, ehe man den Abstieg in das Spiegelbild der Festung in Angriff nimmt, die ebenso hinreissende Altstadt, die Perle Tirols eben.

*

Bevor die Kufsteiner den Sommer verabschieden, veredeln sie einen alten Brauch: den Almabtrieb. Traditioneller Weise bringen die Bauer im September ihr Vieh aus ihrer Sommerfrische von dem Almen, und das wird nicht zuletzt auch groß gefeiert. Dieses Jahr findet das Almabtriebswochenende von 15. bis 18. September statt, und das wird auch entsprechend gewürdigt, natürlich mit viel guter Unterhaltung. Die musikalischen Schutzpatrone werden Rita und Andreas sein, die Stimmen aus dem Zillertal, die ihre Fans bereits seit mehr als einem Jahrzehnt begeistern. Das Fest beginnt schon am Donnerstag mit einem zünftigen Begrüßungsabend, lädt Fans und Gäste dann zu einer Wanderung um den Thiersee ein, wo neben ausgiebiger Labung auch die Musik und betse Schlagerlaune nicht zu kurz kommt. Unterstützt werden sie dabei von den Jungen Thierseern, die sich nicht nur als jugendlich-frische Stimmungskanonen auszeichnen, sondern ihrem Status als Lokalmatadoren schon längst entwachsen sind, begeisterten sie letztes Jahr doch zahlreiche Schlager- und Volksmusikfreunde in den Vereinigten Staaten von Amerika.
„Hoam geht’s“, unter diesem Motto kracht’s am Samstag, dem Höhepunkt des Wochenendes. Tagsüber kann man den traditionellen Almabtrieb bewundern, wie gesagt, eine Tradition die hier zu Lande mit großer Begeisterung hochgehalten wird. Der Abend gehört aber der Festung, ihren Musikern und vielen Gästen im Rahmen des Open Air der Stimmen. Neben Rita & Andreas geben sich auch die Geschwister Andrea & Alexandra Hofmann und Die Paldauer die Ehre, man kann also davon ausgehen, dass die Arena nicht nur rockt, sondern auch Heimat und Herz dabei nicht zu kurz kommen.
Sonntags bildet stilgerecht ein Frühschoppen mit traditionellen Schmankerln und natürlich viel Musik den Abschluss des Wochenendes.

*

Einen Prachtspaziergang und Einladung zum Einkehren verspricht die Römerhofgasse im Herzen Kufsteins, und diese beherbergt neben den baulichen Sehenswürdigkeiten auch eine Reihe besuchenswerter Kunst- und traditioneller Handwerksbetriebe und lässt auch Küche und Keller ihre schmackhaften Trümpfe ausspielen. Hier begegnet man im Übrigen auch dem Komponisten des Kufsteinliedes wieder, Karl Ganzer, dem man hier ein Denkmal gesetzt hat.
Das Handwerk hat in Kufstein nicht nur Tradition, es war auch, das beweisen große und unvergessene Namen, wegweisend: So erfand Karl Madersperger etwa bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Nähmaschine, Grund genug, ihm ein eigenes Museum zu widmen. Und welcher Liebhaber eines gepflegten Glases Weins kennt sie nicht, die Dynastie der Riedels, Weltmeister in der Kunst des Glasblasens? Hier kann man in ihrer Schauglasbläserei eindrucksvoll nachvollziehen, wie auch Hochprozentiges Gaumenfreuden auf höchster Stufe entfalten kann. Familie Riedel hat diese Können über bereits zehn Generationen unter Beweis gestellt und ihre Kompetenz beeindruckend in die Welt hinausgetragen.
Genussreich, haubengekrönt, weltmeisterlich ausgezeichnet und diskret-romantisch präsentiert sich demnach die Stadt und ihr Umland auch, wenn es um die Gaumenfreuden jeglicher Art geht: Wollen Sie das kleinste Brückenrestaurant der Welt besuchen und hier einen romantischen Abend verbringen? Das gibt es natürlich nur hier. Auf nachgemessenen 15qm findet nur ein Tisch für ein Dinner for Two Platz – und eine Glocke, mit der man den diskreten Kellner rufen kann, der die beiden Gästen mit einem 5-Gänge-Menü verwöhnt, ansonsten aber garantiert, dass die Zweisamkeit des Abends nicht gestört wird. Einen würdigen Abschluss findet man dann im Stollen 1930, einer Bar, die kürzlich im Stil der Dreißiger Jahre gestaltet wurde, über eine ausgezeichnete Auswahl an Drinks und Cocktails verfügt, aber auch über die weltgrößte Sammlung an Gin-Sorten. Dafür wurde die Bar übrigens bereits mit einem Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde geehrt.

*

Ein anderes Highlight im Kufsteiner Kultur- und Unterhaltungssommer stellt der Ebbstaler Blumenkorso vom 25. bis 28. August dar. Dieser findet heuer bereits zum 19. Mal statt und wird entsprechend gefeiert. Neben den Künsten der Region kommt natürlich auch der volkstümliche Schlager nicht zu kurz. Demnach zeigen die Ebbstaler traditionelles Handwerk, geben Einblick in die Bienenkunde, überraschen mit Tiroler Schmankerln und vor allem mit dem größten Blumenteppich Österreichs, der aus mehr als 20.000 Blumenstöcken besteht.
Stargast des Wochenendes ist an diesem Wochenende Hansi Hinterseer am Blumenkorso Open Air. Gemeinsam mit dem Original Tiroler Echo feiert er mit seinen Fans, Blumen und Bienen.

*

Sportsfreunde, neben Musik, Kultur und Kulinarik sind Kufstein und sein Umland natürlich auch ein Eldorado für Naturfreunde. 1.000 km Wanderwege und Klettersteige lassen euer Herz garantiert höher schlagen, in einer der schönsten Berglandschaften der Welt.  Seit mehr als 50 Jahren steht das Kaisergebirge unter Naturschutz und bietet somit für Wander- und Kletter freunde ein ideales Betätigunsfeld. Für den bequemen Einsteiger bis zu Kletterstufe VII bleibt demnach über den 1200 m Seehöhe, auf den sie der Kaiserlift bringt mit Sicherheit kein Wunsch unerfüllt. Zum Abkühlen und Relaxen laden übrigens die sieben Badeseen mit hervorragender Wasserqualität (und gemässigten Temperaturen) ein – und eine der höchsten Almkäsereien Österreichs: Auf der Ackeralm im Thierseetal wird der Tiroler Emmentaler hergestellt, der in der Vergangenheit bereits mehrfach mit Gold- und Silbermedaillen ausgezeichnet wurde. Ein Zwischenstopp zahlt sich nicht nur aus um die Käserei zu besichtigen, dem Wanderer winkt auch das Ladenstüberl mit einer ausgiebigen Brotzeit: dem Weltmeister des Emmentalers und einer zünftigen Scheibe Speck.

Kufstein, die Perle Tirols präsentiert sich demnach eher als lange Perlenkette, nach der zu Fischen sich in jedem Fall auszahlt.

Erschienen in der Stadlpost vom 31. Mai 2016