Frühstück mit Alpenglüh’n

Im Gasteinertal lässt es sich leben. Das wussten schon gekrönte Häupter.

Jetzt, im Neuen Jahr, wo sich mit Eintreffen der weißen Pracht endlich auch der Winter meldet, machten wir einen Abstecher ins Gasteinertal, dort, wo sich haute volé und die majestätische, Respekt einflößende Würde der Alpenlandschaft schon vor Jahrhunderten ein Stelldichein gegeben hatten. Und wir trafen „Die Dorfer“, nicht nur Lokalmatadoren und Stimmungskanonen aus Dorf Gastein, die uns auf unserem Ausflug begleiteten.Bereits Ende des 13. Jahrhunderts, genau 1292, wurde die heilende Kraft des Gasteiner Thermalwassers nicht nur erkannt, sondern auch urkundlich erwähnt, was dazu führte, dass seit diesen Tagen auch heute noch Celebrities mit geläufigen Namen das Tal besuchen, um sowohl zu genießen als auch den medizinischen Wert des Thermalwassers zu nutzen. Schon Paracelsus, der unvergessene Medicus aus dem 16. Jahrhundert, kurte hier ebenso wie Franz Joseph mit seiner Sisi, der preußische Kaiser Wilhelm und sein Kanzler Otto von Bismarck. Das machte das Tal und seine beiden Thermalquellen somit zum Treffpunkt der Großen, Schönen und Reichen, ebenso wie der im 19. Jahrhundert aufkeimende Alpinismus, für den quasi der Naturbursch von Gottes Gnaden, Erzherzog Johann, Pate stand. 1909 wurde schließlich die Tauernbahn eröffnet, die schließlich Berg und Tal das Tor zum aufkeimenden Massentourismus öffnete, wie wir ihn bis heute kennen. Aus der jüngeren Vergangenheit erinnert man sich immer noch an den legendären Besuch von Liza Minelli, die seinerzeit einen Hauch von Broadway und Hollywood in Personalunion in die Hohen Tauern brachte.

Der Wirt und Musikant Jürgen Göttlich ist quasi der Chef der Dorfer, richtig ausgesprochen: „Dedoafa“: vier musizierende Freunde, die von Dorfgastein aus auf ihren zahlreichen Instrumenten, ihrer begeisternden Stimmgewalt und jeder Menge guter Laune daheim jedes Fest, auf dem sie auftreten, krönen, aber auch außerhalb des Tales gerne und vor allem viel von sich reden machen. Davon zeugen zahlreiche Fernsehauftritte, darunter im unvergessenen Musikantenstadl und in TV-Shows im gesamten deutschen Sprachraum. „Mir san koane Bremser,“ ist demnach der Slogan des Quartetts, wie Jürgen spontan intoniert, und wir fassen das gewissermaßen als Schlachtruf, als Aufforderung zum Tanz zu einer spannenden Exkursion in seiner Heimat auf.

„Bei uns gibt’s über 50 Seilbahnen und Lifte, die dich bis auf 2.700m Seehöhe bringen,“ doziert der Jürgen kundig, „das sind über 200 km bestens präparierte Pisten, auf denen hier im Gasteinertal absolute Schneesicherheit bis in den April hinein garantiert wird.“ Und erst die Aussicht, wenn man ganz oben ist! Denn dort lädt auf der Aussichtsplattform mit einem faszinierenden Panorama auch zum so genannten Glocknerblick ein, wie der Name sagt, auf Österreichs höchsten Berg.

A propos Skifahren: „Bei uns kannst übrigens auch zum echten ,Skiteuferl’ geadelt werden,“ erzählt er weiter, „denn seit 1958 die Alpinen Skiweltmeisterschaften hier veranstaltet wurden, hat man auch einen privaten Leistungstest eingeführt, der die besten Gast-Asse in unserer Region mit diesem Titel auszeichnet. Wenn du den Titel trägst, dann bist du mit Brief und Siegel ein wahrhaft höllisch guter Schiläufer …,“ schmunzelt er – ob verschmitzt oder teuflisch, das sei dahingestellt.

Egal, ob teuflisch, höllisch oder himmlisch: Hier scheint für Freundinnen und Freunde winterlicher Aktivurlaube kein Wunsch unerfüllt zu bleiben, und wir machen auch von dem umfangreichen Programm reichlich Gebrauch: Langlaufen sowieso, damit sozusagen der Kreislauf in Schwung kommt, und jetzt, wo er endlich fällt, der Schnee, wollen wir anderntags auf eine ausgiebige Schneeschuhwanderung nicht verzichten. Oder, nachdem das Herz vor Begeisterung und vor Erschöpfung höher geschlagen hat: einmal gemütlich die Landschaft an sich vorüberziehen lassen! Auch diesen Tagtraum erfüllen wir uns und lassen sie in der Pferdekutsche auf uns wirken.

Eines haben aber alle Sport- und den Sport delegierenden Aktivitäten gemeinsam: Vorerst findet der Einkehrschwung, und das ist wohl einzigartig im alpinen Konzert des Wohlfühlens, einmal in einer der beiden Gasteiner Thermen statt. Auch hier weiß Jürgen Göttlich (vielleicht heißt er deshalb so?) bestens Bescheid und gibt erschöpfend Auskunft: „Fünf Millionen Liter radonhältiges Thermalwasser sprudeln hier aus 17 Quellen,“ heißt es und „und ihm wurde stets Energie spendende Kraft nachgewiesen.“ Die Erste, die das auch wissenschaftlich untermauern konnte, war übrigens Anfang des vergangenen Jahrhunderts Marie Curie, die schon 1909 erstmals die gesunde Dosis Radon nachweisen konnte.

Die gesunde Dosis Energie erweist sich als eminent wichtig, denn auch nach Sonnenuntergang haben die vier Gasteins, sprich: Dorf Gastein, Bad Hofgastein, Bad Gastein und Sportgastein einiges zu bieten. Vor allem in kulinarischer Hinsicht darf man getrost behaupten, dass das Tal über eine beachtliche Anzahl von Spitzenrestaurants verfügt, die sowohl mit den Köstlichkeiten aus der Gegend aufwarten, als auch Einblick in die internationale Kunst des (Ein)kochens der verschiedenen Köche geben, so dass man bereits bei der Nachspeise sicher sein kann, dass man für den Abend, der ja noch jung ist, bestens gerüstet ist: eine Vielfalt an Clubs und Bars garantiert, dass die gute Laune, die das Sportlerherz beseelt, auch zu späterer Stunde nicht enttäuscht wird. Das versprechen klingende Namen mit Programm, wie etwa die Ice Cube Bar, der Glocknerkeller oder, bezeichnend, die Almrausch-Bar.

Mit einem erlesenen Höhepunkt im wahrsten Sinn des Wortes lockt uns Jürgen schließlich, nachdem wir die vielfältige Erlebniswelt des Gasteinertals genießen konnten, noch einmal auf den Berg: „Morgen gibt’s es ein besonderes Frühstück,“ verspricht uns der Gastgeber, denn wir wollen zeitig aufstehen und aufsteigen: Es geht mit der Goldbergbahn auf 2.700m Seehöhe, inmitten der Hohen Tauern, und dort erwartet uns neben dem Blick über 400 Gipfel, ein unvergessliches, farbenkräftiges Alpenglühen und, last but not least, ein feudales, königliches Frühstück.“

Nachdem bei so viel Sport in den vergangenen Tagen quasi zu Schneekönigen geadelt wurden: Das haben wir uns auch redlich verdient, nicht wahr?

Erschienen in der Stadlpost vom 25. Jänner 2016