Der Straßenfeger

Wir erinnern uns: Am 16. Juli 1969 betrat Neil Armstrong als erster Mensch den Mond. Sein Satz „Ein kleiner Schritt für mich, aber ein großer Schritt für die Menschheit“ ist seither unvergessen und erfüllte nicht nur die Zielsetzungen von John F. Kennedy aus dem Jahr 1961, noch in diesem Jahrzehnt, ebendieses Ziel zu erreichen, sondern machte auch im nur unwesentlich entfernten Österreich einen Mann namens Peter Nidetzky mit einem Schlag weltberühmt …

Seit 1968 fahndete er im Auftrag von Aktenzeichen XY … ungelöst für die Österreicherinnen und Österreicher. Der Straßenfeger wurde, siehe oben, kurzfristig abgelöst durch die Wanderung andernorts, dann folgte eine Durststrecke, die doch zwei Jahre andauern sollte: Dann kam der 4. November 1971, der in die Geschichte österreichischer Kriminal- und Mediengeschichte eingehen sollte: Adolf Schandl, Alfred Nejedly und Walter Schubirsch hielten eine Nation, legendär geworden durch den damaligen Polizeipräsidenten von Wien, Josef Holaubek und seinem legendären Sager „Kumm außa, i bin’s der Präsident“ 72 Stunden Ausbruch mit Geiselnahme und anschließender Flucht entsprechend lange in Atem. Unterstützt durch eine Medienpräsenz, sozusagen von A-Z (Arbeiterzeitung, Anm. d. Verf.) inklusive natürlich zur „großen Orgel“.

223-892Wer war Adolf Schandl? Nach 36 Jahren Haft u.a. in Stein und der Karlau wurde (seine Haftstrafen hätten bis 2027 betragen) der mittlerweile 79-Jährige 2012 vorzeitig entlassen und veröffentlichte 2014 seine Memoiren. Ricardo Peyerl (Kurier) schrieb damals zu Straftaten und Fluchten:

Dem damals 35-Jährigen gelang es mit zwei jüngeren Mithäftlingen, den Wachbeamten die Dienstwaffen zu entreißen. Mit einem Richter und dem Polizeikommandanten von Krems als Geiseln konnte das Trio seelenruhig mit einem Auto durch die geöffneten Gefängnistore fahren. Mit wechselnden Geiseln endete die 72-stündige Flucht nach einer Polizeibelagerung. Der damalige Wiener Polizeipräsident Josef Holaubek machte sich mit dem Spruch „Kumm außa. I bin’s, dei’ Präsident“, unvergesslich. Die beiden Mittäter stellten sich, der Rädelsführer selbst ließ sich erst am 20. November fassen und wurde zu zusätzlichen 16 Jahren Haft verurteilt … Bereits 1985 wurde er vorzeitig entlassen – und wurde rückfällig. Im Alter von 56 Jahren beging er 1992 wieder einen Raubüberfall. Er schoss dabei auf einen Gendarmen, womit er sich 19 weitere Jahre Haft einhandelte. Wegen akuter Fluchtgefahr wurde er 1996 in die Justizanstalt Graz-Karlau überstellt. Innerhalb weniger Wochen machte der berüchtigte Häftling seinem Ruf alle Ehre: Er wagte mit zwei verurteilten Mördern einen gewaltsamen Fluchtversuch. Wieder wurde er zu 19 Jahren Haft verurteilt – diesmal im Hochsicherheitstrakt. Seit 2009 saß er in der Justizanstalt Garsten ein.

87-880-475Dieser Tage kehrt Adolf Schandl sozusagen an den Ort des Geschehens zurück: Am 21. Mai 2015 erzählt er anhand seines 2014 veröffentlichten Lebensbekenntnisses Jailbreak – Nur nicht im Gefängnis sterben (erschienen im Verlag PROverbis) im Unabhängigen Literaturhaus Niederösterreich, vis à vis von der Haftanstalt Stein an der Donau *), seine Version seiner Lebensgeschichte. Ein Straßenfeger … (wfr)

Einladug zur Lesung

Donnerstag, 21. Mai 2015, 20:00 Uhr
Adolf Schandl präsentiert aus: Jailbreak. Nur nicht im Gefängnis sterben
Unabhängiges Literaturhaus NÖ
3504 Krems, Steiner Landstraße 3

*) Wir hatten versucht, diese Veranstaltung in der Haftanstalt selbst zu bewerkstelligen, aber so lange wir auch an die Pforten des unheiligen Gebäudes klopften, Einlass wurde uns nicht gewährt:

Veröffentlicht am 10.5.2015