Auf die Schnelle am 7.1.2015

Ich gehe fast jeden Tag zum Milosewitsch (seinen Namen habe ich sicher falsch geschrieben, mir
ist auch egal, wie er sich schreibt, er ist einfach ein feiner Kerl dort) am Karmelitermarkt einkaufen, checke mir meine Falafel bei den Bahur-Tovs, trinke meinen u.a. DAC beim Brendl, also beim schwulen Bernhard, oder in der Einfahrt, habe einen Supersohn mit Dagmar, einer Frau, die ihre ältere Verwandtschaft nicht mehr kennenlernen konnte, die unseren Sohn David nannte, getauft vom Priester, der es damals beiden Kulturen recht tat, die Zeremonie ausschließlich alttestamentarisch auszurichten, durfte eine langjährige Lebensgemeinschaft mit einer Gefährtin verbringen, die aus dem Ruhrpott stammt.

Ich wohne in der Tempelgasse, im Haus der Sefarden, ich genieße den nachbarschaftlichen Plausch im Haus, auf der Straße, ich darf ins ESRA-Zentrum ohne abgegriffen zu werden, wenn ich dort zu einer Veranstaltung gehe, nebst dem Hamatom Theater übrigens, mein Trafikant ist aus Ägypten, mein nächstgelegener Supermarkt scheint koreanisch zu sein. Am Wochenende, wenn ich etwas vergessen habe einzukaufen, gehe ich hinüber zum Praterstern, zum Billa, um inmitten babylonischen Sprachgewirrs mein Semmerl einzukaufen, im Prater blühen nicht nur die Bäume, sondern es wird auch bisweilen gegrillt, so wie auf der Donauinsel, ganz mediterrané eben.

Eine Überquerung der Prater- und Taborstraße wird begleitet von Schülerinnen und Schülern vom Gymnasium aus der Kleinen Sperlgasse. Lustig anzusehen, wie sich Mädels die Kopftücher zurechtlegen und schon ziemlich genau wissen, wie …, Mädchen mit sichtbar schwarzafrikanischen Wurzeln nur scheinbar den Burschen, die auch nur scheinbar so tun als ob … türkisch, deutsch, österreichisch, einerlei. Mittagessen gibt es in chinesisch, wienerisch, türkisch, vietnamesisch, thailändisch, japanisch, vegetarisch, vegan und beim Radatz. Als ich hierher gezogen bin, hatte ich mehr Dispute mit den Oberösterreichern, die sich, zumindest damals, beim Brendl in der Überzahl befunden hatten, die ich nicht nur mittlerweile, sondern sowieso ins Herz geschlossen habe … Und da wäre noch der Polizist, der mich immer noch geduldig ermahnt, wenn ich mit dem Fahrrad schon wieder gegen die Einbahn …, die Gäste aus dem Sechsten, die es immer herzieht, die Kumpane, ohne die keine Nacht zu Ende geht.

„Bagels gibt es morgen, wenn Sie sie heute bestellen,“ bekam ich einst bei Osel, der koscheren Bäckerei in der Lilienbrunngasse, angesichts einer zum Bersten vollen Bagels-Vitrine zu hören. Ich nahm es nicht persönlich, denn es wurden von der Seniorchefin drei Kilo Mehl nicht in 6 x 1/2 Kilo Mehl verkauft, obwohl auch dieses Regal voll war …

That’s Grätzl!

Ich habe mich eine Jugend lang bemüht, meine Elterngeneration zu „entnazifizieren“, wurde eine Zeit Lang fast täglich aus der Wohnung geworfen und habe sie dennoch nie verlassen. Ich dachte bislang, dass es gelungen wäre, mit Hilfe demokratischer Werte Dialog zu finden, Akzeptanz zu generieren.
Politisch (religiös) motivierte Verbrecher sind Verbrecher.

Veröffentlicht am 7.1.2015