10er Marie

Am Schwedenplatz stieg sie in den Anhängerwaggon der Linie 2 zu. Mich faszinierte die aparte Frau, so um die vierzig, blondes Haar, gepflegte Frisur und vor allem ihr frecher Blick, ihr anziehendes Lächeln, Herausforderung, Aufforderung zum Tanz sozusagen. So nahm ein überraschender Sommernachmittag seinen Anfang. Ich erwiderte ihr Lächeln, ein erstes verbales Abtasten ließ mich sicher werden, sich auf dem richtigen Weg zu befinden und den wollten wir draußen in Ottakring, im Liebhartstal, fortsetzen. Zu viel an Gemeinsamkeiten entdeckten wir soeben, zu viel, als dass es ungesagt bleiben könnte.
Die Sonne meinte nun, ihr Tagwerk getan zu haben und so beschlossen wir, den Abend vorerst im berühmten Treffpunkt für gemeinsame Herzen ausklingen zu lassen, der 10er Marie. Bei einem Achterl Wein rückte man näher, die Blicke kreuzten sich erwartungsvoll, und so verwunderte es nicht, die Heimreise zurück in den 2. Bezirk gemeinsam anzutreten.
Wir standen einander im Anhängerwaggon der Linie 2 gegenüber Schelmisch lächelte sie mich an – was für ein Lächeln! – und als ich anhob, ihr meine Liebe zu gestehen, unterbrach sie mich mit fester Stimme: „Farscheinkontrolle!“

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